H. Bölls Satire über den „Öffentlich rechtlichen Rundfunk“, in welcher Murke Bandschnipsel mit ausgeschnittenem Schweigen sammelt.
.
[…]
Murke schwieg und Schwendling sagte: „Weißt Du schon das Neueste von Muckwitz?“
Murke schüttelte erst uninteressiert den Kopf, fragte dann aus Höflichkeit: „Was ist denn mit ihm?“
Wulla brachte das Bier, Schwendling trank davon, blähte sich ein wenig und sagte langsam: „Muckwitz verfeaturet die Taiga.“
Murke lachte und sagte: „Was macht Fenn?“
„Der“, sagte Schwendling, „der verfeaturet die Tundra.“
„Und Weggucht?“
Weggucht macht ein Feature über mich, und später mache ich eins über ihn nach dem Wahlspruch: Verfeature du mich, verfeature ich dich…“
Einer der freien Mitarbeiter war jetzt aufgesprungen und brüllte emphatisch in die Kantine hinein: „Kunst – Kunst – das allein ist es, worauf es ankommt!“
Murke duckte sich, wie ein Soldat sich duckt, der im feindlichen Schützengraben die Abschüsse der Granatwerfer gehört hat.
[…]
.
aus: Dr. Murkes gesammeltes Schweigen, FaM 1955, (Kommentar)
Bild: Welt am Sonntag, 23. Feb, 2020, S 15, „Die teuerste Maus der Welt“ (hier die ursprüngliche, verschwundene Illustration zum Artikel)

2. Satz meines ersten Orchesterstücks hier in zwei Auslesungen durch das General MiDI-Soundsystem meines Laptops. Die obere Fassung mit hörbarer Trommel, untere ohne. Eine etwas gehobenere Fassung hier.

Ein Ausschnitt aus Harald Blüchels Zauberstück „Pflanzenseele“, wiedergegeben durch das Klangtor, zur Zeit stationiert in der Wingst.
Das Ritter Mini-Piano aus den 1930iger Jahren mit einem Zeit-loosen move im style der späten 1960iger, audiotechnologischen Spielereien der 1990iger Jahre und einer Mikrophonierung im Geiste von 2020..
Gruss vom Rande Schlands zur Mitte der Welt am Ende von Ambient zur Wende aller Zeiten.


„[…] Das Fest beginnt mit Vorführungen, Tänzen, einem Maskenzug, einem türkischen Reiteraufzug. Ein Gewölbe aus Pflanzen verhüllt die Saaldecke. Gemalte Tafeln zeigen Episoden der alten Geschichte und „viele edle Taten“ der Sforza. Schlag Mitternacht tritt Ludovico als Orientale verkleidet auf und gebietet der Musik Einhalt. Der Vorhang öffnet sich und gibt den Blick auf eine riesige Halbkugel frei, die das Himmelszelt darstellt „eine Art halbes Ei“, schreibt Trotti, der Botschafter Ferraras, „innen ganz mit Gold ausgelegt, wo zahlreiche Fackeln die Sterne imitieren, und mit Nischen versehen, in welche die sieben Planeten ihrem Rang entsprechend aufgestellt waren. Am Rande dieses Halb-Eis, hinter einer Glasscheibe und von Fackeln erleuchtet, waren die zwölf Zeichen des Tierkreises zu sehen, die ein wunderbares Schauspiel boten.“ Die von Schauspielern dargestellten „und nach der Beschreibung der Dichter kostümierten“ Planeten drehen sich langsam auf ihren Bahnen, während sich „zahlreiche Melodien und sanfte harmonische Gesänge“ erheben, welche den Lärm des unsichtbaren Mechanismus übertönen. […] “
In: Leonardo da Vinci, Rororo, Hbg 1995, S.264: „

Einige Echoes mit dem rauschenden Leslie zum CTM-Vospiel von Jutta Ravenna im ACUD-Studio und Special Performance von Shuichi Chino.
.
.
.
.
.
Foto: Suzanne Feldman

niemand hungert
niemand weint
nirgends krieg und
keiner schreit
und unser reich
das steht
so wie auch
die zeit vergeht
keine sorgen
lieber gott
gib akkorde
in einem fort
Elektronische Musik mit Jutta Ravenna an den Leslie-Lautsprechern.
„Overhead the albatross
Hangs motionless upon the air
And deep beneath the rolling waves
In labyrinths of coral caves
An echo of a distant time..“
Sounds & Lyrics: Pink Floyd
Foto: Vanilla


Endlich eingetroffen: Mitschnitt aus Bern mit OsmO.
.
.
.
.
.
Foto: Pascal Greuter, CH

Review mit Jutta Ravenna auf der Suche nach dem ewigen Klang.
„La culture ne sauve rien ni personne, elle ne justifie pas. Mais c’est un produit d’homme: il s’y projette, s’y reconnaît, seul ce mirroir critique lui offre son image.“ In etwa: Kultur kann nichts und niemanden retten, sie rechtfertigt auch nicht. Und doch ist sie ein Produkt des Menschen: darin projiziert er sich, erkennt er sich wieder, und nur dieser kritische Spiegel offenbart ihm sein ganzes Bild.
Jean-Paul Sartre: Les Mots, Paris 1964
VideoSnap: Angela Christlieb


In Berlin wird vermehrt eine der derzeit weltweit tolerantesten Weltanschauungen praktiziert: Der Buddelismus. Aus gegebenem Anlass sei hier mein 2013 auf einer österreichischen Intelligenzia-Plattform publiziertes Manifest im Original wiedergegeben:
„Der Buddelismus ist eine Religionsgemeinschaft, deren Lehre im Gegensatz zu den bleibenden Werten anderer Religionen vollständig auf das Sein im Provisorium aufgebaut ist. Die Mitglieder dieser spirituellen Gemeinschaft sind dadurch gekennzeichnet, dass sie weder voneinander wissen, noch sich in irgendeiner Form zusammenzuschließen trachten. Und doch verbindet die Gemeinde der Buddelisten eine ganze Reihe gemeinsamer Merkmale, welche sich um den Akt des Buddelns gruppieren. Ein eigentlicher Religionsstifter ist nicht bekannt. Der Buddelismus ist zur Zeit besonders häufig in Berlin/Germany anzutreffen, was sich dort auf lokaltypische Weise im Glaubenssatz „Ick Buddel, also bin ick“ ausgeprägt hat.
Das ungemein Vorteilhafte dieser Religion besteht in der weltweit fast unbegrenzten Verfügbarkeit von Kultstätten. So kann bereits die kleinste Baugrube, etwa in Form einer ausgebuddelten Wasserleitung an einer Seitenstraße die komplette Dimension eines sakralen Ortes bekommen. Dessen wesentlichen Merkmale bestehen in der Trinität des aufgerissenen Leibes der Erde und den daraus sich anbietenden Einblicken in die Tiefen des Daseins im Spannungsfeld von Werden und Vergehen, des dazu liebevoll in mannigfaltigster Form aufgebauten Absperrungswerkes und des heiligen, sich der Trivialität jeglichen alltäglich-allgemeinen Verkehrsflusses widersetzenden, sanft um den Tempel herum geführten Umleitungswesens. Fernab von dieser Dreieinigkeit bilden sich in verschiedenen Kulturkreisen im Bereich der Artefakte individuelle Erscheinungsformen im Umkreis von verehrten Gegenständen heraus. Hier ist hier etwa das Schild zu nennen, welches auf die Kultstätte hinweist und gerne den buddelistischen Priester beim Spatenstich abbildet.
Eine ganz besondere Situation entsteht für buddelistischen NovizInnen schließlich beim Zusammenprall, oder besser: -klang unterschiedlicher Tempel auf engstem Raum. Hier entwickelt sich dann auch für religionsresistenteste Menschen das Bedürftnis, sich im Lichte der Dreiheit von Grube, Lattenzaun und heiliger Umleitung dem buddelistischen Hauptmantra hinzugeben:
„Denn der Umweg, der ist das Ziel.“,,
(Bildquelle: Stupipedia)

Zum Jahresbeginn wieder aufgetaucht: Soundcloud Playlist mit 36 Bearbeitungen der beliebten Soup of the Day Piano-Miniaturen

Das alte Haus des uralten Klangzauberers Pizicator Mours.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
Bild: Vanilla

Wieder einmal Live auf der MS Stubnitz, diesmal mit Solaris 040. Musik am Rand der Stille. Für Konzertflügel, Chaospad und Videoprojektion. Ein filigranes Geflecht von scheinbar aus dem Nichts kommenden und gehenden Klangereignissen mit pastoralen Videostilleben. Die Licht-Klang-Reise dauert gute 60 min – oder bis alle tief und fest schlafen.
Ostern in Berlin stand 2016 ganz unter dem Zeichen von Piano & Friends: Ab der Sonntag Nacht begann um 00:00 h in einem F#hainer „Kult Hotel“ der zweite Berliner Piano Day. Satte 24 Stunden Klavier-live mit 21 Pianisten, initiert vom Berliner Shooting Piano Star Nils Frahm in Kooperation mit dem Klavierbauer Carsten Schultz. Ich durfte auch dabei sein, sogar geich zweimal: Zuerst um 02:30 mit „Solaris 4.1“ zusammen mit Julius Heise und als Wahrer Maria Montag in der Früh um 08:30 Uhr.


Komputeranimation der Verteilung von Energie im Universum.
.
.
.
.
.
.
.
(Bild: Planetarium Berlin-Ost, Repro by RUND)


„So wie es in seine Religion eingeweiht ist, um das zehnte bis zwölfte Lebensjahr, wird das muselmännische Kind, das bis dahin zuweilen noch ziemlich geweckt war, plötzlich fanatisch, von jenem Dünkel gesättigt, es besitze Alles, was ihm als absolute Wahrheit gilt, wie über ein Vorrecht über das Glückliche, was gerade seine geistige Inferiorität ausmacht. Dieser dumme Hochmut ist das Laster, welches das ganze Sein des Muselmanns bestimmt. Die scheinbare Einfachheit seines Gottesdienstes flößt ihm eine wenig gerechtfertigte Verachtung vor den anderen Religionen ein.“ Ernest Renan, 1883
Zum 30. Jubiläum Auszüge eines Mitschnitts von „Andreas Flückiger und die Alpinisten“ in Bern 1986. Zuerst Aendu mit einem Chanson, das wir bei „Hunger & Trunk“ entwickelten, ich am Harmonium. Im Song danach sitzt Balts Nill an der Gitarre, Mich Gerber an der Hi-Hat und ich bediene einen Korg-Mini-Synthie als Bass, flankiert von einem Alublech als Snare. Zuletzt die Coverversion eines beliebten fröhlich englischen Volkslieds. Hier traktiert Balts die Drums und ich die Tambura Elettrica – auch „Punkharfe“ genannt. Gerber sitzt schon wieder nicht am Baß..;)
Wiederentdeckter Meister in einem verlotterten Pankower Treppenhaus
Bild: Christine Hoeppner, Berllin

Die Gitarre schwimmt im Meer,
die Gitarre hat getrunken.
Die Gitarre sinkt im Meer,
die Gitarre ist ertrunken.
Digiti, digita, digiti, digita,
die Gitarre ist nicht mehr.
Unter Wasser auf dem Sand
liegt ihr neues Land,
unter Wasser schwimmt das Meer
von Strand zu Strand,
von Strand zu Strand,
von Strand zu Strand.
(aus: die Phantastische Reise.., Hunger & Trunk 1985)

„Mediale Grundversorgung“ für Alle!
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
Bild: Anonymus

Exquisit: Rekomposition und Variation zu meiner Harfenstudie Pedalude N° 08 (2012) durch einen der großen Trancemeister der 1990iger Jahre.
{Audio: Solaris 040}
„Rock stars are fascists. Adolf Hitler was one of the first rock stars.“ (David Bowie, 1976) . Ob er Klaus Manns „Turning Point“ kannte?:
[…] „…München, Sommer 1929.
Der Schauplatz: Ein riesenhaftes Zelt auf der Theresienwiese am Rand der Isarstadt. Im Zelte drängt sich das Volk – zwanzigtausend, dreißigtausend Menschen. Es ist dunkel; nur die Rednerbühne steht in grellem Licht. Von dort, von der illuminierten Plattform kommt die Stimme – […]. “Die Juden!“ bellt die fürchterliche Stimme. „Die Saujuden sind schuld“. Wer denn sonst?“
Ein junger Bursche ganz in unserer Nähe kreischt plötzlich, wie von der Tarantel gebissen: „An den Galgen mit ihnen! Hängt sie auf! An den Galgen mit dem Judenpack!“ Woraufhin die Stimme schleimig-scherzhaft wird: „Nur Geduld, Volksgenosse! Geduld bringt Rosen!“
Die Menge brüllt, wiehert, schüttlet sich in blutdrünstiger Heiterkeit.
„Dear me!“ flüstert unser englischer Freund, Brian Howard, der so sehr darauf aus war, dieser makaberen Veranstaltung beizuwohnen. „He’s a paranoic!“
„Wer beherrscht die sogenannte Republik?“ Die Tier-Stimme fragt, vom Chorus kommt die Antwort: „Die Juden-Bagasch! – Wer denn sonst? Die Saujuden! Hängt sie auf!“
„How extraordinary!“ flüstert Freund Brian uns zu. „Er ist ausgesprochen wahnsinnig. Merken die Leute es nicht? Oder sind sie selber verrückt?“ Er schüttelt ratlos den Kopf.
Und die Stimme, keuchend jetzt, atamlos, heiser vor Haß: „Wer beherrscht den sogenannten Völkerbund? Die Presse? Die internationalen Kartelle? Den Kreml? Die sogenannte katholische Kirche?“ Und jeder dieser Fragen folgt dasselbe stereotype Stampfen und brüllen: „Die Saujuden! An den Galgen mit ihnen!“
„Are they mad? Or what?“ Brian stellt die Frage immer wieder, in verschiedenen Sprachen. Schließich wendet er sich an ein hochbusiges Hitlermädchen in seiner Nachbarschaft: „Sind sie toll, mein Fräulein?“ Es klingt nicht agressiv, nur interessiert. Glücklicherweise ist das blonde Ding in seinem Erregungszustand nicht fähig, den Anruf zu verstehen. Sie trampelt, röchelt, kichert, stöhnt und quiekt in quasi-sexueller Ekstase. […]
Es ist gar nicht ungefährlich. Jeden Augenblick kann einer der Braunhemden das anstößige Gemurmel hören und Rache üben. Brian schert sich nicht darum. Mutig bis zur Verwegenheit, bei übrigens zarter Konstitution würde er sich wohl einer ganzen Armee von Rowdies zum Kampfe stellen. Aber so weit wollen wir’s doch nicht kommen lassen. „Wir können ebensogut gehen“, schlage ich mit gedämpfter Stimme vor. „Er ist ein öder Schwätzer, weiter nichts. Es nimmt ihn sowieso niemand ernst.“
Um uns wird Murren laut, da wir uns von unseren Sitzen erheben. „Ausländer, wahrscheinlich“, erklärt ein Hitlerjunge verächtlich den Kollegen. und ein anderer: „Die werden auch noch schaun!“
Während wir uns zum Ausgang durchkämpfen, folgt uns die Tier-Stimme, vom Lautsprecher getragen und verstärkt, durch die Versammlungshalle. „Versailles… Dolchstoß… nationale Schmach“, tobt der manische Clown unter der schwankenden Wölbung des Zirkuszeltes. „Ich verspreche euch, deutsche Mütter… Köpfe werden rollen… Ich verspreche euch, deutsche Bauern… Unsere nationale Erhebung… die nordische Rasse… unser herrliches Vaterland… die hohen Milchpreise… Ich verspreche euch, deutsche Handwerker… die Freimaurer… die Zinsknechtschaft… […].“ Gibt es kein Entrinnen von diesem obszönen Gebell? Ist Lappland weit genug? Oder die Hafenstadt Cádiz […] ?“ […]
(Kaus Mann: Der Wendepunkt, in der erweiterten Übersetzung durch den Verfasser, 1949, Edition Spangenberg S. 274ff, München 1989)
K.M. hat sich im Jahr des Abschlusses der Übersetzung selbst vergiftet.
D.B. soll sich von seinem Spruch in späteren Jahren distanziert haben.
Die Massenmanipulation durch TechEkstase funtioniert unverändert.
Aus der 25. Sitzung des Parlamentarischen Rats zur Formulierung eines neuen Grundgesetzes vom 24. November 1948.
[…]
Vors. Dr. von Mangoldt: Vielleicht kann man sagen: Niemand darf gehindert werden, sich frei zu unterrichten.
Dr. Bergsträsser: Sie hatten das Bedenken gegen das Wort »frei«.
Vors. Dr. von Mangoldt: Dann müssen Bedenken aber ebenso gegen das Wort »gehindert« vorliegen. Eine Behinderung liegt auch darin, daß man erst davon Gebrauch machen kann, wenn man eine Gebühr zahlt.
Dr. Bergsträsser: Dann kann es nur ein Jurist formulieren.
Dr. Heuss: Ich würde die Sorge wegen der Gebühr nicht haben. Es kann eventuell bei der Berichterstattung gesagt werden, es darf um Gottes willen kein Richter darauf kommen, daß sich das auf die gebührentechnischen Regelungen bezieht.
[…]
Vors. Dr. von Mangoldt: Es würde dann heißen: Die freie Unterrichtung und Meinungsbildung aus allgemein zugänglichen Quellen, insbesondere der Rundfunkempfang und der Bezug von Druckerzeugnissen, dürfen nicht beschränkt werden.
Dr. Eberhard: Das Wort »freie« würde ich noch streichen. Das hat keinen Sinn.
[…]
Bild: Vanilla
Ton: Frei nach „Autopoiesis“ von Harald Bluechel



„Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
sind Schlüssel aller Kreaturen,
wenn die, so singen oder küssen,
mehr als die Tiefgelehrten wissen, […]
[…] und man in Märchen und Gedichten
erkennt die wahren Weltgeschichten,
dann fliegt vor einem geheimen Wort
das ganze verkehrte Wesen fort.“
(Friedrich von Hardenberg, um 1800)
Video: Paulina Wanat (Vogelfrai-Filmproduktion)
Audio: Live-Mitschnitt „Solaris 040“ im Ausland Berlin
[…]
„Diese Nazis, ich verstand sie nicht. Ihre Journale – ‚Stürmer‘, ‚Angriff‘, ‚Völkischer Beobachter‘ oder wie der Unflat sonst noch heißen mochte – hätten ebensogut in chinesischer Sprache erscheinen können: Ich kapierte kein Wort. […] vielleicht wurde in die Mysterien der Nazi-Seele und des Nazi-Jargons nur eingeweiht, wer die Vernunft in sich überwunden, endgültig auf sie verzichtet hatte? […]. Mir wollte nicht in den Kopf, daß die Deutschen Hitler allen Ernstes für einen großen Mann, ja für den Messias halten könnten. Der und groß? Man brauchte ihn doch nur anzusehen!
Ich hatte wiederholt Gelegenheit, diese Physiognomie zu studieren. Einmal aus nächster Nähe, etwa eine halbe Stunde lang. Das war 1932, ungefähr ein Jahr vor der „Machtergreifung“. Die Carlton-Teestube in München war damals eines seiner Stammlokale, eine Tatsache, von der ich übrigens keinerlei Kenntnis hatte, also ich dort eines Nachmittags eintrat, um mir eine Tasse Kaffee zu genehmigen. Ich entschied mich für dieses Lokal, weil das Café Luitpold – grade gegenüber, auf der anderen Seite der Briennerstraße – neuerdings zum Treffpunkt der SA und SS geworden war: Ein anständiger Mensch verkehrte dort nicht mehr. Der Führer, wie sich nun herausstellte, teilte meine Aversion gegen seine tapferen Mannen; […]
Da saß er, umgeben von ein paar bevorzugten Spießgesellen, und ließ sich sein Erdbeertörtchen schmecken. Ich nahm am Nebentisch Platz, kaum einen Meter entfernt. Er verschmauste noch ein Erdbeertörtchen mit Schlagrahm (die Kuchen waren gut im Carlton); dann ein drittes – wenn es nicht schon das vierte war. […] Es war gewiß kein erfreuliches Gefühl, in der Nähe einer solchen Kreatur zu sitzen; und doch konnte ich mich nicht satt sehen an der widrigen Fresse. Besonders attraktiv hatte ich ihn zwar nie gefunden, weder im Bilde noch auf der illuminierten Tribüne; aber die Häßlichkeit, der ich mich nun gegenüberfand, übertraf doch alle meine Erwartungen. Die Vulgarität seiner Züge beruhigte mich, tat mir wohl. Ich sah ihn an und dachte: Du wirst nicht siegen, Schicklgruber, und wenn Du Dir die Seele aus dem Leibe brüllst. […]
Gab es keine blutige Gloriole um sein Haupt, mich zu warnen? Keine Schrift an der Wand der Carlton-Teestube? Nichts Beunruhiges ließ sich bemerken. Nur rosig diskretes Licht, gedämpfte Musik, gehäufte Bäckereien und, inmitten dieses schlagrahmsüßen Idylls, ein unsympathischer, aber gewiß harmloser kleiner Mann mit komischem Schnurrbärtchen und eigensinniger Stirn, der im Kreise gleichfalls unbedeutender Kumpane seine Tasse Schokolade schlürfte. Ich fing Brocken ihrer Unterhaltung auf. Sie diskutierten die Besetzung eines musikalischen Schwankes, der am selben Abend in den Münchener Kammerspielen zum erstenmal in Szene gehen sollte. Eine unserer Freundinnen, die bedeutende Charakterschauspielerin Therese Giehse, hatte die tragende Rolle.
Der Führer erkärte, daß er sich auf die Vorstellung freue. Erstens, weil Operetten überhaupt etwas Nettes seien („…gesunder Humor … man lacht sich mal gründlich aus …“); zweitens, und im besonderen, der Giehse wegen, die er, der Führer, „einfach prima“ fand. „Eine völkische Künstlerin, wie man sie nur in Deutschland findet“, stellte er herausfordernd fest und verdüsterte sich, da einer der Genossen schonend darauf hinwies, daß die Dame, seines Wissens, nicht rein „arisch“ sei. „Irgend ein Webfehler … rassisch nicht ganz einwandfrei …“ murmelte der taktlose Spießgeselle – woraufhin das Schnurrbärtchen, welches bisher mit ewas forcierter Behutsamkeit gesprochen hatte, bedrohlich die Stimme hob. „Bösartiger Klatsch!“ entschied er stirnerunzelnd. „Als ob ich nicht den Unterschied sähe zwischen einem germanischen Naturtalent und semitischer Mache!“ […]. Daß die Giehse nicht da war, um dies mitanzuhören!
[…] Während ich die Kellnerin rief, um meine Konsumption zu bezahlen, fiel mir plötzlich ein, an wen der Kerl mich erinnerte. Haarmann, selbstverständlich. Wieso war ich darauf nicht längst schon gekommen? […] Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Tatmenschen frappierte mich. Schnurrbart und Locke, der verhangene Blick, der zugleich wehleidig und rohe Mund, die sture Stirn, ja sogar die anstößige Nase. Es war alles dasselbe. Sowas kommt nie zur Macht! Ich war meiner Sache ganz sicher, da ich mich nun auf den Ausgang zu bewegte. Du bist eine Niete, Schicklgruber. Bei Dir langt es höchstens zum Lustmord! Kein blutiger Schein? Keine Schrift? Kein warnendes Zeichen? Eine Nation, die sich sonst viel auf ihre Dichter und Denker zugute getan hatte, akzeptierte eine Wanze als „Mann des Schicksals“. Wie konnte es soweit kommen? Diese Deutschen, ich verstand sie nicht.“
[…]
(Klaus Mann, Der Wendepunkt. Cannes 1949. Edition Spangenberg 1989, S. 289-292. „Die Geschichte eines Deutschen, der zum Europäer, eines Europäers, der zum Weltbürger werden wollte; die Geschichte eines Individualisten, dem vor der Anarchie fast ebenso graut wie vor der Standardisierung, der Gleichschaltung, der Vermaßung.“)
Bild: Bernhard Maeder, Burgdorf/CH






Einer der vielleicht schönsten Liebesbriefe der Literaturgeschichte:
“Elsku kærastinn minn!
Það er svo æðislega gott þegar við kyssumst og föðmumst og veltumst um af ást! Svo fast föðmuðumst við þegar við hittumst. Ég er mjög skotin í þér. Ég hef aldrei verið jafnskotin í einhverjum og í þér. Ég vissi ekki að ég get verið svo skotin einu sinni! Þú ert jafnstór og ég og mjög sterkur. Þú ert svo sterkur að þú getur borið mig upp í stiga. Það er frábært! Og þú ert með svona stóra fætur og svona stóra nef og margt hár á ermum og fótleggum! Það finnst mér mjög fallegt. Og núna á ég átta stráka. Nú þegar eru þeir svo stórir að ég get farið með þá til þín að heimsækja þig í vor. Síðan getur þú kynnast börnum þínum! Þeir eru næstum eins og sterkir en þú. Eigum við byggja stóran bát og ferðast um allan heim? Ég heyrði að það væru miklu strærri lönd og fjöll útí í heimi en hér. Það væri spennandi og skemmtilegt að sjá allan heim! Því miður er það meira sólskin þar en hér. Það er kannski mjög hættulegt fyrir okkur og börnin úti í heimi. Kannski ég fer aftur heim þegar ég var hjá þér til þess að allir strákar eru hressir og kátir. Farðu kannski með okkur heim til þess að við getum kysst og faðmast alltaf eins lengi og við nennum!
Bestu kveðjur frá kærustunni þinni lumbra,,
(mynd og bréf: lumbra þernice)

Das allerletzte verbliebene Klangtor, kommentiert von Sandor Kiss.
(Kamera: V.-J. Vanilla)
Das Kultstück von Barry Mason und Les Reed aus den 1960iger Jahren. Jetzt in meiner aktuellsten Bearbeitung für Piano Solo. Ganz unten zu hören mit sinnlichem Automatenklang aus dem kleinen Apfelkistchen.
Die Botschaft des „letzten Walzers“ ist übrigens doppelsinnig. Einerseits kann es der letzte sein, der an einem Abend gespielt wird, zugleich aber der erste Walzer mit jemandem in den/die man sich verliebt und mit dem man anschließend nach Hause geht, um dort vielleicht weiter zu tanzen.
Andererseits kann es aber auch genauso der wirklich allerletzte Tanz sein mit jemandem, von dem man daraufhin seinen Abschied nimmt.
Meine drei absoluten Lieblingsversionen:
Yes, alors, jawohl!
Noten gibts wie immer auf Bestellung!!!



[…] . Er wußte, es gab nur eine Realität auf dieser Welt: Geld .
[…] : aus Geld kam alles und zu Geld wurde alles, […]
(Isaak Landauer in Lion Feuchtwangers Jud Süß)

Hier spricht es Bundeskanzlerin Merkel aus Versehen offen aus: Die jetzt euphemisch als „Rundfunkbeitrag“ bezeichnete Mediensteuer ist eine Zwangsmitgliedschaft, die sie für Facebook & co lieber nicht einführen möchte (min 3:20) wie es Ihre Vorrednerin zum „Spaß“ vorgeschlagen hat. Willkommen im frühen 20. Jhdt – wo die Wochenschau allerdings jeweils frei finanziert wurde, nicht über Kopfsteuer. Heute gilt: Kein Spass beim Spaß! Aber bitte ohne Sahne (und ohne Mitspracherecht..)

Ein letztes mal zu erleben in der Stephanuskirche in Mitte. Hier der Prototyp 2a, ein Modell ohne Solarkrone, aber in Stereo. Zu hören ist ein Track, der 2014 ursprünglich für die „Medienkirche“ komponiert wurde.
Öffnungszeiten sind Wochentags von 13-17 Uhr, nach Absprache mit mir oder mit Frau Dr. Niemann von der GospelGmbh, der neuen Betreiberin
Fotos: Sandor Kiss




Gedenkfragment für Heinrich von Kleist, der mich seit Wochen begleitet.
Prototyp N° 3 vom Klangtor besucht am Gutshof Woldzegarten. Von dortigen Mitarbeitern wird es auch liebevoll das „Glockentor“ genannt. Der Orkan Niklas soll es am 31. März diesen Jahres umstürzt haben. Doch unverwüstlich klingt es weiter – aber natürlich nur dann wenn die Sonne seine Krone bescheint *)
An der Zarge hingegen zeugen tiefer werdende Spuren von den Jahren in Wind und Regen. Zunehmend verbindet es sich mit dem Holzklafter am Wegrand und dem alten Lindenbaum am Rondell. Wie die Falten eines lieben alten Menschen, erzählen die auch diese ihre Geschichte.
Hin und wieder versammelt sich eine Hochzeitsgesellschaft unter seinem musikalischen Bogen. Nach dem Fotoshooting rauscht die Erinnerung an das Liebesklangfest tief im Herzen des Klangtors weiter, vermischt sich wieder mit fernem Klingen, Singen, Rauschen und Summen aus der Müritzer Heide.
*) Die Solarkrone wurde entwickelt und gebaut von Lobito Fischer, Berlin
—
Staub im Blut,
Asche meiner Tage.
Schicht auf Schicht,
legt sich Staub auf mich –
Schicht um Schicht.
Und ich trage ihn in die Truhe,
trag‘ ihn in die Truhe,
in die Truh‘.
(Krrs Lied)
Klangtor-Logo: RUND








