31. Juli 2011
Amsel v/s Klangtoramsel

Zur Installation von Vogelstimmen

 

Ein Klangtor mal für ein paar Tage auf dem Balkon aufgebaut. Mit dem Eintreffen des Sonnenlichts beginnt die solar-betriebene Krone den Loop des Morgenlieds einer Amsel abzuspielen. Dieser letzten Sommer in der Schönholzer Heide aufgenomme Song wirkt hier im Schöneberger Getto-Verkehrslärm auf irgendwie wohltuende Weise heilend. Generell klingen Vogelstimmen auf Grund der speziellen technischen Umsetzung mit Festkörperschall ab Klangtor täuschend natürlich. Meine Techno Solar-Amsel ist also weithin zu hören – ohne aber in der Nähe zu stören.

 

Nun stellt sich aber heraus, dass meine Amsel-Installation eine lebende Amsel zum Wettstreit herauszufordern scheint. Jedenfalls zeigt sich nun des öfters zur Mittagszeit ein Amslerich auf einem Giebel gegenüber und gibt Paroli – obwohl unsere Straße eigentlich Amsel-frei ist. Fast entsteht der den Eindruck, dass sich das wohl aus dem Volkspark um die Ecke herbeigereiste Tier über seinen Kollegen ärgert, weil dieser stur von früh morgens bis in die Abenddämmerung hinein sein Morgenlied in die Gasse hämmert. Dabei scheint dieser Amsler zu Mitteilungen von seinen Ansichten zu Sinn und Unsinn von Morgengesängen am Nachmittag inspiriert zu werden. Wenn das jahrelang so weiter ginge, würden Generationen von Amseln Gegen-Gesänge entwickeln.

 

Dazu eine Anekdote um die „Ursonate“: Der Berliner Konzeptkünstler Wolfgang Müller hatte in Norwegen Staren-Gesang aufgenommen, der in seinen Ohren wie das berühmte Dada-Gedicht klangen. Diese Aufnahmen hat er in Deutschland unter diesem Titel als limitierte Schallplatte veröffentlicht. Eines Tages wurde er von Schwitters Erben auf eher humorlose Weise abgemahnt. Müller verteidigt sich in einem Brief. Darin schlägt er vor, gleich besser die Stare selbst des Plagiats zu bezichtigen, da sie bestimmt den Meister damals auf seiner Insel beim Rezitieren belauscht und seither ohne Lizenz die Ur-Sonate inszenieren würden. Daraufhin hat er nie wieder von dem Verlag etwas gehört.

 

Nun bleibt allerdings wiederum die Frage ungeklärt, ob nicht vielleicht bereits Herr Schwitters seinerseits bei den Staren abgeschrieben hat.

 

 

 

 

(Fotos: Bernhard Maeder)